Umbau total

Integrativer Führungsstil in Umbauphasen

Die neue Geschäftsführerin einer gemeinnützigen Institution hat eine anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Sie ist dafür verantwortlich, drei Institutionen im Sinne einer Strukturreform zusammenzuführen mit dem Ziel, die Abläufe zu vereinfachen und Synergien auszuschöpfen.

Die Geschäftsführerin hat eine klare Meinung zur Umstrukturierung: Wer nicht mitzieht, kann gehen. Sie ist sich ihres sehr konsequenten Handelns durchaus bewusst und auch darüber, dass ihr Führungsstil nicht überall gut ankommt. Für sie besteht deshalb aber kein Grund, ihr Führungsverhalten zu ändern. Sie hat die Aufgabe übernommen, und will diese ohne Rücksicht auf Verluste umsetzen.

Während der Umbauphase macht sich eine extrem hohe Fluktuation bemerkbar. Langjährige Mitarbeitende verlassen die Institution, die meisten nennen Gründe wie eine Neuorientierung oder eine Auszeit. In Wirklichkeit sind aber andere Faktoren ausschlaggebend. Das Arbeitsklima hat sich verändert. Argwohn und Angst sind die täglichen Begleiter der Mitarbeitenden. Die Wenigsten bringen den Mut auf, darüber zu sprechen. Die, die es tun, nennen Zustände wie «ein vergiftetes Klima» oder «ein forscher, bedrohlicher Umgangston der Geschäftsführerin». Die Umstände führten dazu, dass fast alle langjährigen Mitarbeitenden die Kündigung eingereicht haben. Das Führungsteam hat sich in kürzester Zeitkomplett erneuert.

Was ist passiert? Die Geschäftsführerin verfügt über einen sehr autoritären Führungsstil. Sie als Führungsperson entscheidet und ordnet an, wie die Umstrukturierung stattfinden soll. Der Umgangston ist dementsprechend rau und wenig herzlich. Auf die Meinungen und Interessen der Mitarbeitenden nimmt die Geschäftsführerin kaum Rücksicht, ein Miteinbezug in den - für die Mitarbeitenden doch einschneidenden - Wandel  findet schon gar nicht statt. Diese Tatsachen lösten Unbehagen, Angst und ein schlechtes Arbeitsklima aus, was schliesslich zur Kündigungswelle führte.

Welche Lehren können Sie aus dem beschriebenen Fall ziehen? Machen Sie Betroffene unbedingt zu Beteiligten. Wenn Sie für eine derartige Strukturveränderung verantwortlich sind, empfiehlt sich ein auf Wandel gerichteter, integrativer Führungsstil. Dieser äussert sich darin, dass eine Führungsperson die Mitarbeitenden in den ganzen Veränderungsprozess einbindet und Entscheidungen nicht im Alleingang trifft. Durch den Einbezug möglichst vieler Mitarbeitendenden erhöht sich deren Motivation und die Widerstände nehmen ab. Ausserdem kann inhaltlich oft ein besseres Ergebnis erzielt werden, weil nicht nur eine Person ihr Wissen einbringt, sondern mehrere kompetente Mitarbeitende. Bieten Sie den Betroffenen Gelegenheit, sich zum Wandel zu äussern, und nehmen Sie Ängste und Befürchtungen, die im Zusammenhang mit dem Wandel zum Ausdruck gebracht werden, ernst. Auf keinen Fall sollten Sie diese bagatellisieren oder mit disziplinarischen Massnahmen dagegen ankämpfen. Sonst droht die Gefahr, dass Sie wertvolle Personalressourcen verlieren und das Projekt scheitert. 

Literatur:
Lauer, T. (2014). Chance Management. Grundlagen und Erfolgsfaktoren (2. Aufl.). Berlin Heidelberg. Springer Verlag.

Marcel Schöni
Betriebsökonom FH