Diversity-Optima

Überlegungen zur personellen Zusammensetzung von ehrenamtlichen strategischen Organen

Der Vorstand einer sozialen Institution entwickelt eine neue Strategie mit einer externen Projektleiterin. Neben einem Vertreter des Sitzkantons gibt es vier ehrenamtliche Mitglieder, welche eine persönliche Verbindung zur Institution haben. Der Kantonsvertreter war früher Projektleiter in einem Beratungsunternehmen. Während des gesamten Strategie-Entwicklungsprojekts stellt er das Vorgehen und die Methodik immer wieder in Frage. Im Rahmen der Analyse der Ist-Situation berichtet die Präsidentin des Vorstands davon, dass Ihre Tochter, die in der Institution arbeitet, mit einem Abteilungsleiter in Konflikt gekommen sei und sich über das schlechte Arbeitsklima beklage. Sie drängt dazu, das Thema Mitarbeitenden-Zufriedenheit als Handlungsfeld zuoberst auf die Liste zu nehmen. Die Vorstandsmitglieder gehen ungenügend vorbereitet in die Workshops, weil sie durch ihre hauptberuflichen und familiären Aufgaben zu stark beansprucht sind.

Die geschilderten Schwierigkeiten in der Strategiearbeit des ehrenamtlich besetzten Vorstands lassen sich auf folgende Ursachen zurückführen:

  • Der Kantonsvertreter, welcher früher selbst Berater war, verwechselt seine Rolle. Er ist als Mitglied des Strategieteams nicht Projektleiter. Er sollte sich vor allem inhaltlich einbringen.
  • Die Präsidentin lässt sich bei der professionellen Strategiearbeit allzu sehr durch subjektive Erfahrungen oder gar Eigeninteressen leiten.
  • Wenn das (einzige) massgebliche Kriterium für die Mitgliedschaft im Vorstand einer Institution die persönliche Betroffenheit oder Verbindung ist, besteht die Gefahr, dass Fachkompetenz und zeitliche Kapazität zu kurz kommen.

Die genannten Probleme werden im „Swiss NPO-Code“ adressiert, der durch die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten grosser Hilfswerke der Schweiz geschaffen wurde. Er enthält Corporate Governance-Richtlinien für Nonprofit-Organisationen in der Schweiz:

  • In §13 ist geregelt, dass die Mitglieder des obersten Leitungsorgans die erforderlichen Branchen-, Fach-, Management- und Sozialkompetenzen aufweisen und zeitlich disponibel sind.
  • In §18 steht, dass die Mitglieder des obersten Leitungsorgans für die Vermeidung von Interessenkonflikten und -kollisionen sorgen.

Weitergehende Orientierung zur Zusammensetzung von strategischen Leitungsorganen bietet die von Martin Hilb und Nils Jent entwickelte „Diversity-Optima-Scheibe“. Sie verfolgt grundsätzlich die Idee, dass die Mitglieder des obersten Leitungsorgans bezüglich der drei Aspekte

  • Know-how,
  • Team-Rollen und
  • Stärken

vielseitig („diversity“) zusammengesetzt sein sollen, damit die relevanten Kompetenzen und Interessen berücksichtigt sind.

Literatur:
Link zu Swiss NPO-Code: www.swiss-npocode.ch/cms/images/swiss_npocode/swiss_npo_code_maerz_2010.pdf)
Link zu „Diversity-Optima-Scheibe“: www.icfcg.org/en/board-practice/board-consulting und ipmag.ch/de/diversity/

Christian Schepers
Projektleiter