Lernen aus Fehlern oder Fehler sanktionieren
Fehlerkultur in Unternehmen
Eine Abteilung einer kantonalen Verwaltung will ihre Dienstleistungsqualität eruieren und mögliches Verbesserungspotenzial aufdecken. An einem halbtägigen Workshop nehmen neben der Leitung auch alle Mitarbeitenden der Abteilung teil. Mithilfe eines strukturierten Fragebogens werden diverse Fragen beantwortet und ausgewertet. Vor der Besprechung der Auswertungen kommt der vorgesetzte Amtsleiter zum Workshop hinzu, da auch er an den Ergebnissen interessiert ist. Bei der anschliessenden Besprechung der aufgedeckten Schwächen und der Verbesserungspotenziale nehmen die Mitarbeitenden der Abteilung – speziell die Abteilungsleitung – eine verteidigende Position ein. Während vorher noch konstruktiv mitgearbeitet worden ist, werden die Schwächen und Verbesserungspotenziale nun relativiert und Erklärungen für einzelne Vorfälle gesucht. Auch der Amtsleiter rechtfertigt sich gegenüber der externen Sitzungsleitung für abteilungs- und amtsübergreifende Schwächen. Ein konsequentes Ableiten von Verbesserungsmassnahmen ist fast nicht mehr möglich.
An einem Workshop, in dem es darum geht, Schwächen zu identifizieren und Verbesserungen zu entwickeln, arbeiten die Mitarbeitenden in der Analysephase konstruktiv mit, blockieren dann aber bei der Lösungssuche. Zurückzuführen ist dies auf die Präsenz des Amtsleiters. Die Mitarbeitenden, speziell aber die Abteilungsleitung, rechtfertigen sich für die eruierten Schwächen, anstatt die Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Abteilung zu nutzen. Sogar der – eigentlich gar nicht betroffene – Amtsleiter rechtfertigt sich für übergeordnete Schwächen. Hier gibt es ein kulturelles Problem. Fehler werden offenbar nicht dazu genutzt, die Verwaltung weiterzuentwickeln. Vielmehr grassiert die Angst, Fehler zu machen. Diese könnten ja sanktioniert werden. Dies führt im besagten Fall dazu, dass Handlungsfelder und dazugehörige Massnahmen nur ansatzweise definiert werden und nach dem Workshop nichts umgesetzt wird.
Eine Fehlerkultur, die durch die Angst vor Sanktionen bestimmt wird, ist Gift für Ihr Unternehmen. Wie wissenschaftliche Studien belegen, verhindert eine solche Kultur Dienstleistungsqualität, Innovation und somit Erfolg. Aus den Fehlern wird nicht gelernt und die Organisation somit nicht weiterentwickelt. Diese Fehlerkultur kann sogar noch weiterführen und groteske Zügen annehmen. Nämlich dann, wenn Mitarbeitende aufgrund ihrer Angst vor Fehlern viel Zeit dafür einsetzen, Fehler zu verschleiern, anstatt diese Energie für Produktives einzusetzen.
Doch wie können Sie dies verhindern? Ändern Sie Denkmuster und akzeptieren Sie, dass Fehler ein Bestandteil der täglichen Arbeit sind. Schaffen Sie eine Fehlerkultur, die es erlaubt, Fehler zu machen und nutzen Sie diese für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Organisation! Halten Sie es ganz im Sinn des EFQM-Modells, das davon ausgeht, dass eine Organisation nie „am Ziel“ ist, sondern sich stetig weiterentwickelt. Zeigen Sie diese Denkhaltung auf und fördern Sie die offene Diskussion über Fehler und deren Ursachen. Nutzen Sie das Potenzial, indem Fehler regelmässig systematisch analysiert und gemeinsam mit den Mitarbeitenden entsprechende Massnahmen abgeleitet werden.
Wie bei anderen Themen ist auch hier essenziell, dass die Führung diese Fehlerkultur entsprechend vorlebt.
Rouven Zürcher
Betriebsökonom FH